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Zusammen bringen, was zusammen gehört

LISA ROTHER, 25, FRANKFURT

Früher: Studentin der Sozialwissenschaften
Heute: Auszubildende zur Orthopädietechnik-Mechanikerin

Soziale Kompetenz, handwerkliches Geschick, Interesse an Anatomie: Wer das alles mitbringt, könnte Orthopädietechnik-Mechaniker werden. So wie Lisa Rother. Nach dem Studienabbruch fand sie eine berufliche Perspektive, die ihren Talenten entspricht.

Zuhören, handeln und helfen

Fragt man Lisa Rother, was sie nach den ersten Monaten ihrer Ausbildung als besondere Herausforderung empfindet, erhält man als Antwort ein schelmisches Grinsen: „Nichts, außer vielleicht meine lange Berufsbezeichnung ‚Auszubildende zur Orthopädietechnik-Mechanikerin‘.“ Sie freue sich, so erzählt die 25-jährige, „dass ich jeden Tag etwas Neues dazulernen darf.“

Technik, Mechanik…das klingt zunächst nach einem auf Präzision und Werkzeugpalette fokussierten Handwerksberuf. Doch die Ausbildung erfordert ebenso viel Fingerspitzengefühl im Kundenkontakt. Denn Menschen in schwierigen Lebenssituationen – beispielsweise nach einem Unfall – zu beraten, verlangt neben medizinischen Kenntnissen auch ein hohes Maß an Sozialkompetenz.

Auszubildende Lisa Rother

Lisa Rother, Auszubildende zur Orthopädietechnik-Mechanikerin, stellt sich in ihrem Ausbildungsbetrieb vor.

Lisa Rother

„Panik vor langweiligen Bürotagen“

Aller guten Dinge sind drei – so könnte auch das Motto für Lisa Rothers beruflichen Weg lauten: Nach dem Fachabitur Agrarwirtschaft hatte sie zunächst zwei Semester Umweltmanagement studiert, bevor sie auf Sozialwissenschaften umsattelte. Ihr Interesse für Menschen, vor allem für psychologische Belange, war ausschlaggebend für den Fachwechsel. Dass ihre Vorstellung vom Studium und die Realität des sozialwissenschaftlichen Berufs jedoch weit auseinanderklafften, wurde Lisa bei einem Praktikum klar: Die Aussicht auf lange Arbeitstage im Büro mit viel Berührungspunkten zu Statistiken, aber nur wenig menschlichen Begegnungen war für sie keine Option. Nach sechs Semestern sah Lisa keine andere Lösung als den Abbruch des Studiums.

Textversion anzeigen „In dem Studium Sozialwissenschaften habe ich so ab dem dritten, vierten Semester gemerkt, dass es bei mir nicht so rund lief beim Studieren. Es war einfach zu viel Theoretisches und ich habe mich auch einfach in der Menge teilweise verloren gefühlt, zwischen den 400 Leuten in einem Hörsaal. Ich habe mich drei Semester weitergequält, weil ich dachte: Was ich anfange, das muss ich auch zu Ende bringen.“

Alte Leidenschaft – neu entdeckt

Schnell etwas Neues beginnen, nur um eine Lücke im Lebenslauf zu vermeiden, kam für Lisa nicht in Frage. Auch ihr Vater motivierte sie, sich gründlich durch Ausbildungsexperten beraten zu lassen. Im Internet entdeckten sie das Projekt „your Push“ der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, das Studienabbrecherinnen und -abbrecher vom Hörsaal ins Handwerk bringt. Nach einer eingehenden Analyse ihrer Neigungen und Fähigkeiten vermittelte ihr das Beratungsteam den Kontakt zu Patric Schneider, Inhaber des gleichnamigen Sanitätshauses. Zwei Schnuppertage genügten vollkommen, um Lisa für die Orthopädietechnik zu begeistern. Eine alte Leidenschaft, die sie in ihrer Kindheit mit dem Opa geteilt hat, erwachte wieder: das Basteln und Handwerken mit unterschiedlichen Materialien wie Holz, Metall, Leder…Und auch der „Chef in spe“ war sofort begeistert von Lisa Rothers Motivation, ihrer Zielstrebigkeit und ihrem Feingefühl.

Mit Fingerspitzengefühl und Feinschliff

Vom ersten Tag der Ausbildung an fühlt sich Lisa gut integriert: „Im Studium war ich nur eine Nummer; hier bin ich Teil eines tollen Teams und werde wahrgenommen.“ Was sie und auch ihre Ausbilder besonders freut: Ihr Wissen und ihre Vorbildung aus dem Studium der Sozialwissenschaften kommen ihr und dem Betrieb sehr zugute. Ein gutes Vertrauensverhältnis zu Kunden aufzubauen, fällt Lisa leicht, „denn ich habe im Studium gelernt, Menschen offen zu begegnen und Verantwortung für mir Anvertrautes zu übernehmen.“ Doch während sie als Studentin über viele Semester hinweg keine berufliche Orientierung gewinnen konnte, weiß sie heute nach jedem Ausbildungstag: „Ich lerne und tue etwas, das Sinn macht und anderen Menschen das Leben erleichtert.“ Und für diese Erfolgserlebnisse nimmt sie sogar die zweistündige Anreise von Marburg, ihrem bisherigen Wohn- und Studienort, nach Frankfurt gerne in Kauf.

Textversion anzeigen „Ich bin unglaublich froh, dass ich diese Ausbildung gefunden habe. Und dass ich mit den Mitarbeitern so gut klar komme. Dass ich sogar von Marburg, wo ich derzeit noch wohne, bis nach Frankfurt fahre. Das sind jeweils zwei Stunden Fahrt. Aber ich nehme das gerne in Kauf, weil ich mich jeden Tag auf die Arbeit freue.“

Kundenkontakt

Praktisches Handwerk statt grauer Theorie: Lisa arbeitet gerne mit ihren Händen und schätzt den direkten Kontakt zu den Kunden.

© JOBSTARTER / Fotograf: Thilo Schoch

Probefahrt

Von Einlegesohlen, über Rollatoren bis zu Toilettensitzen: Lisa Rother muss sich mit den verschiedenen orthopädietechnischen Produkten gut auskennen.

© JOBSTARTER / Fotograf: Thilo Schach

Maßgeschneidert

Zur Ausbildung gehört auch handwerkliches Geschick. Denn im Sanitätshaus Schneider werden Einlegesohlen und Co. selbst gefertigt und angepasst.

© JOBSTARTER / Fotograf: Thilo Schach

Ganz genau hinsehen

Exaktes Arbeiten ist gefragt: Lisa Rother lernt, wie man das richtige Maß für eine Armschiene bestimmt.

© JOBSTARTER / Fotograf: Thilo Schach

Der letzte Schliff

In der Ausbildung zur Orthopädietechnik-Mechanikerin kann Lisa Rother häufig mit den Händen arbeiten.

© JOBSTARTER / Fotograf: Thilo Schach

Eine Branche auf dem Vormarsch

In Deutschland leben aktuell mehr als vier Millionen Menschen, die Bedarf an orthopädietechnischen Hilfsmitteln haben – von der Prothese bis zu Einlagen, von Rollstühlen bis zu Toilettensitzen. Die Nachfrage nach diesen Produkten und den entsprechenden Leistungen wird weiter stark steigen. Solche Prognosen stützen sich vor allem auf die Zahlen des demographischen Wandels: Immer mehr Menschen werden immer älter; entsprechend höher wird der Bedarf an Hilfsmitteln. Für Auszubildende in der Orthopädietechnik wie Lisa Rother heißt das: Sie erlernen einen Beruf mit riesigem Zukunftspotenzial. Sowohl kleine Fachbetriebe wie das Sanitätshaus Schneider als auch mittelständische Unternehmen haben in den nächsten Jahren einen hohen Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften.

Wenn die Richtung stimmt…

…dann ist kein Weg zu weit, ist Lisa Rother überzeugt. „Ich bin so froh, dass sich seit dem ersten Tag der Ausbildung alle meine Zweifel über meine berufliche Zukunft in Luft aufgelöst haben. Sogar vier Stunden Fahrtzeit täglich zu meinem Ausbildungsplatz können mir meine gute Laune nicht verhageln.“ Wann sie endlich eine Wohnung in Frankfurt finden wird, weiß Lisa noch nicht. Aber eines ist ihr vollkommen klar: Den richtigen Weg zum Traumberuf hat sie bereits gefunden! „Und genau das wünsche ich auch allen Studienzweiflern!“

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